Samstag, 17. Januar 2009

Die acht Stufen des Aufstiegs als Matapher

Ein Mensch in seinem Aufstieg weiss, dass er acht Stufen überwinden muss.
Aus eigener Kraft, ohne jedes Werkzeug, ohne Seil, ohne Haken.
Auf der achten erst erlangt er sein göttliches Wesen wieder zurück.
Freunde und Familie jammern und wollen ihn nicht ziehen lassen -
zu ungewiss ist der Ausgang, zu schmerzhaft der Abschied.
Sie beschwören ihn, sie nicht zu verlassen.
Doch er lässt sich nicht zurückhalten, zu gross ist die Sehnsucht in ihm.
Er nimmt sie alle ein letztes Mal in den Arm und reisst sich dann engültig los.
Mit unbestimmter Traurigkeit im Herzen, doch getrieben von einer inneren Kraft,
macht er sich allein auf den Weg.
Nach langer, einsamer Wanderung erreicht er schliesslich eine senkrecht aufragende Felswand. Es sind Stufen hineingeschlagen.
Der Pfad selbst scheint gar nicht so schwer,viel schwieriger war es,
das Felsmassiv überhaupt zu entdecken.
Nun, da es unmittelbar vor ihm aufragt, wundert er sich, wieso er es nicht bereits
aus der Ferne hat sehen können?
So weit entfernt von seiner Heimat ist es doch nicht,
als dass man es nicht sogar von seinem Dorf hätte sehen müssen?
Doch verschwendet er nicht viele Gedanken daran und konzentriert sich ganz auf das Abenteuer, das vor ihm liegt.
Er nimmt einen tiefen Atemzug,
blendet seine Erinnerungen aus und macht sich an die erste Stufe.
Sie ist so leicht zu nehmen, dass er staunt.Es war nur ein einziger Schritt nötig - mühelos.
Das macht ihm Mut und flösst ihm Vertrauen ein.
Die zweite Stufe ist etwas höher, sie reicht ihm bis zur Hüfte.
Aber mit ein klein wenig Schwung nimmt er auch diese.
Die dritte Stufe ist wieder ein wenig höher, diesmal reicht sie ihm bis zum Bauchnabel.
Er stemmt sich unschwer hoch.
Doch seinen Rucksack, den wird er hier zurücklassen, er hindert ihn nur durch sein Gewicht.
Eine letzte Mahlzeit noch daraus, einen Schluck Wasser,
und mit leichtem Herzen schleudert er sein Gepäck von sich.
Die vierte Stufe jagt ihm ein wenig Zaudern ein.
Sie befindet sich in Höhe seines Herzens, und es gibt keinen Vorsprung,an dem er sich festklammern könnte.
Nach langem Überlegen kommt ihm in den Sinn - er muss erst sein Herz hinaufwerfen.
Und im selben Moment findet er sich auf der vierten Stufe wieder.
Die fünfte Stufe ist so hoch wie er selbst.
Doch gestählt von dem Weg, den er bereits hinter sich hat, wirft er die Zweifel seines Verstandes voraus und bezwingt damit auch diese.
Die sechste Stufe ragt steil vor ihm auf.
Sie ist so viel höher, als er mit hochgestreckten Armen reichen kann,so hoch, so hoch ...
Wie soll er dort hinaufkommen können, ganz allein und ohne Hilfsmittel?
Lange lange sitzt er dort auf der fünften Stufe und überlegt.
Soll er zurück?
Er hat doch die Hälfte schon hinter sich ...Nein, zurück geht er sicher nicht.
Er will es wissen.
Er stellt Berechnungen an, nimmt mass, springt,
befragt alle seine vorherigen Erfahrungen - nichts taugt.
Unmöglich sich vorzustellen, wie er jemals diese Stufe erklimmen soll.
Völlig erschöpft von seinen vielen Anstrengungen gibt er erstmal auf.
Er hockt sich hin, um auszuruhen ...lockert seine schmerzenden Muskeln ...
schaut in den Himmel über ihm ...lässt seine Gedanken mit den Wolken fliegen ...fliegen ...fliegen ...und plötzlich wird er getragen.
Seine Imagination breitet die Flügel aus, und noch bevor er sich fragen kann,ob das denn überhaupt alles real ist,setzt sie ihn sanft auf der sechsten Stufe ab.
Er ist glücklich und kann es kaum fassen - wie leicht ging das denn?
Die siebte Stufe, aber -oje.
Senkrecht über ihm, glatt wie polierter Marmor, die Kante ganz und gar ausserhalb seiner Reichweite.
Was immer er tut, er gleitet ab von dem spiegelblank gewaschenen Stein.
Er versucht es mit allen vorherigen Ideen, es geht nicht.
Er erreicht sie einfach nicht.
Seine Imagination kommt ihm zwar erneut zu Hilfe, aber sie kann ihn nicht hoch genug tragen, denn seine Entmutigung wiegt zu schwer.
Tagelang hockt er vor der Stufe und weiss nicht ein noch aus.
Bis eines Morgens die Sonne aufgeht und ihre Strahlen sich wundervoll im Felsmassiv
vor ihm spiegeln.
Und er sieht sich selbst reflektiert im direkt vor ihm glänzenden Stein - sein eigenes Abbild.
Da trifft ihn die Erkenntnis - diese Stufe ist nichts weiter als eine perfekte Illusion ...
im gleichen Moment ist er auf der siebten Stufe angekommen.
Nur noch eine Stufe ....die achte.
Er schaut nach oben, aber der Rand der letzten Stufe ist von schimmerndem Nebel verhüllt.Endlos erscheint sie ihm - und doch hat er kein Gefühl für ihre Höhe.
Diesmal ist es aussichtslos.
Er schafft es nicht.
Er kann es nicht schaffen.
Noch niemand hat es geschafft.
Wie soll ein Mensch je dort hinaufkommen, wenn er nicht mal weiss, wie hoch "hoch" ist?
Diese Stufe ist unbezwingbar.
Zorn ergreift ihn.
Wozu hat er sich gequält bis hierher?
Wozu alles aufgegeben, alles hinter sich gelassen?
Um so kurz vor dem Ziel zu erkennen, dass die achte Stufe unerreichbar ist?
Er setzt sich hin und weint bitterlich.
Nie zuvor hat er solche Frustration erlebt, solche Trauer, solchen Schmerz, solche Verzweiflung.
Zurück?Nein, niemals!
Lieber stirbt er hier aud der siebten Stufe, aber wenigstens hat er die achte, die verheissungsvoll schimmernde achte vor den Augen.
Ihr wird sein letzter Blick gelten, seine ganze Liebe ....So nah und doch so unerreichbar.
Erschöpft ergibt er sich schliesslich, gibt alle seine Hoffnungen auf,seine Wut, sein Ziel, seine Sehnsucht, sein Leben, sich selbst.
Was ihm bleibt, sind Stille und Einsamkeit ...und sein Herz blutet.Lange, lange sitzt er dort zwischen Himmel und Erde.
Längst sind seine Tränen versiegt.
Nach einer zeitlosen Ewigkeit erreicht ein Geräusch sein Bewusstsein.
Er rappelt sich auf und schaut den Weg zurück in die Tiefe, aus der er gekommen war.
Unter ihm - ein Mensch! Ein echter Mensch! Noch ein Mensch!Er kann es nicht fassen.
Er ruft ihm zu, feuert ihn an, gibt ihm Hilfestellung über Worte, was immer er kann - endlich ein Gefährte, endlich vorbei mit der Einsamkeit, endlich können sie ihren Kummer teilen ...
Doch ein seltsamer Gedanke schleicht sich bei ihm ein, nachdem die erste Freude genossen und zu Ruhe gekommen ist.
Kann es möglich sein, dass dieser andere Mensch vielleicht der Erste ist,der es schafft ...?
Ist er vielleicht gar kein Freund, sondern eher ein Konkurrent?
Wollte nicht ER der erste einsame Gipfelstürmer sein ...?
Warum hat er ihm nur soweit hochgeholfen?
Vielleicht erringt der andere nun den Sieg, der doch eigentlich IHM zusteht nach all den Mühen, der Einsamkeit, den Entbehrungen, der Plackerei?
Sollte er ihn vielleicht wieder ...hinunterstossen ...?
Erschreckt von seinen eigenen Gedanken wacht er plötzlich in sich auf und erkennt, das kann nicht er sein, nicht er selbst!
Die Zweisamkeit hat dies hervorgerufen, weil das nun einmal die Art der Zweisamkeit ist, denn dazu ist sie erschaffen.Ein Schleier hatte seine Augen bedeckt.
Nun schaut er zum ersten mal wirklich, und er sieht den anderen,sieht dessen Mühen, seine Anstrengungen, seine Entschlossenheit, seine Entmutigung, sein Herz.
Mitgefühl durchflutet ihn.
Ist es nicht völlig egal, wer zuerst oben ist?
Geht es nicht einzig und allein darum, dass es EINER schafft, denn dann schaffen es alle?
Er steht entschlossen auf, macht mit den Händen eine Trittstufe,bedeutet dem anderen, hineinzutreten und katapultiert ihn mit einem gewaltigen Schwung aufwärts und auf die ersehnte achte Stufe ...und es wird Nacht, Dunkelheit hüllt ihn ein.
Allein zurück, überfällt ihn der Schmerz unkontrolliert und mit aller Macht.
Was hat er getan?!
Was tut er hier allein, wo er sich doch so angestrengt hat?
Ja ist er denn verrückt gewesen, so weit zu kommen und dann einem anderen den Vortritt zu lassen?
Die Person, die er einst war, kann es nicht glauben.
Sie zwingt ihn in die Knie, er kann nur noch weinen, weinen, weinen ...bis kein Schmerz mehr da ist,bis alles Bedauern fortgewaschen ist, bis der Lärm in seinem Kopf der Stille gewichen ist.
Die ersten Sonnenstrahlen des neuen Tages streicheln ihn sanft, und er vernimmt einen Laut.
Zum ersten Mal hebt er seinen Blick.Was er sieht, lässt ihm den Atem stocken.
Oben auf der achten Stufe liegt der, dem er hinaufgeholfen hatte, flach auf dem Boden und hangelt zu ihm hinunter.
Die letzte Stufe geht nur gemeinsam.
(Verfasser mir unbekannt)
GEMEINSAM SIND WIR STÄRKER

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