Ich möchte Euch die Weihnachtsgeschichte
neu erzählen.
Alle Personen kommen in ihr vor:
das neugeborene Kind, Maria und Josef, die Hirten auf dem Feld und die Engel,
die vom Himmel herabkommen, der finstere König Herodes
und die drei Weisen aus dem Morgenland.
Das Neue an der Weihnachtsgeschichte,
so wie ich sie Euch erzählen möchte, ist:
Sie spielt heute und wir alle spielen die Hauptrolle in der Geschichte.
Das neugeborene Kind
Wie gesagt, die Geschichte, die ich euch erzählen möchte,
spielt nicht vor 2000 Jahren, sondern heute.
Und das Kind, von dem ich euch erzählen möchte,
wird nicht in Bethlehem geboren.
Es wird in unserem Herzen geboren.
Es wird geboren als dein neuer Mut,
als dein neuer Vorsatz,
als deine neue Ausrichtung,
als dein neuer Anfang,
als deine neue Einsicht,
als deine neue Liebe,
kurz: als dein neues Leben.
Ihr wisst vielleicht noch gar nichts von, dem Kind, das bei euch unterwegs ist.
Kaum zu glauben, aber vielleicht wisst ihr noch gar nichts von dem neuen Leben,
das sich in euch regt.
Immerhin laufen bei Ärzten, Psychotherapeuten, Pfarrern in der Vorweihnachtszeit
die Telefondrähte heiß, weil die Menschen alle in den Wehen liegen
und nicht wissen, was ihnen eigentlich fehlt. "
Im Dezember spielen die Leute alle verrückt", sagte mir kürzlich ein Arzt.
" Sie gehen mir regelrecht auf die Nerven".
Weihnachten ist die Zeit der Erwartung.
Und die Menschen werden verrückt vor Freude
und hektisch aus lauter Betriebsamkeit und Vorbereitungseifer.
Nun ist es leider so, dass bei den meisten Menschen trotz aller Geburtsschmerzen
zu Weihnachten keine Geburt stattfindet.
Das ist jedes Jahr wieder neu so.
Und weil das so ist, haben die Menschen sich etwas ausgedacht:
Sie machen sich einen Haufen Geschenke.
So trösten sie sich darüber hinweg,
daß es auch dieses Jahr wieder nichts war mit der Geburt.
Aber irrt euch nicht:
Eines Tages zu Weihnachten
wird etwas in euren Herzen geboren.
Es wird keine spektakuläre Geburt sein.
In den Zeitungen wird nicht darüber berichtet werden.
Die Geburt findet in der Verborgenheit eures Herzen statt,
und unter ganz ärmlichen Umständen,
denn dein Herz und dein Denken wird von einer tiefen Krise erschüttert sein
und aller Glanz wird scheinbar aus deinem Leben gewichen sein.
Und das, was da in dir geboren wird,
wird später einmal nicht als Sohn Gottes
oder als wunderbares neues Leben gepriesen werden.
Es wird nicht passen zu dem, was die führenden Politiker,
Wissenschaftler und Kirchenleute sagen.
Es wird nicht passen zu dem, was gesellschaftlich "in" ist
und was deine Eltern und deine Lehrer dir beigebracht haben.
Es wird gescholten werden als blinde Hoffnung,
als aussichtsloses Unterfangen,
als unrealistische Träumerei,
als verantwortungslose Rede.
Aber es ist dein neues Leben, und du weißt und spürst es.
Da können die Anderen so viel reden, wie sie wollen.
Vater und Mutter
Sind wir der Vater unseres neuen Lebens?
Nein, so wenig wie Josef der Vater des Christus ist.
Gott selber ist der Vater des Kindes, das da in jedem von uns heranwächst.
Wir sind alle wie Josef, der verwundert zuschaut,
und wie Maria, die das Kind in ihrem Körper austrägt.
Wir sind nicht Eigentümer des neuen Lebens, das sich in uns regt.
Es wächst zwar in unserem Herzen heran,
aber es gehört nicht zu uns, es gehört zu Gott,
und wir sollen es verehren wie Gott selbst.
Es gehört uns nicht.
Aber wir sind seine Eltern.
Es gibt kein geistiges Eigentum, kein Eigentumsrecht über den Geist in uns.
Aber es gibt eine geistige Verantwortung.
Und die müssen wir als Vater und Mutter des neuen Lebens in uns tragen.
Wir müssen die Ernährer des Kindes sein, das in uns geboren wird.
Wir sind die Ziehväter und Ziehmütter.
In Ehrfurcht und im Bewusstsein der Größe unserer Verantwortung.
Was ist die Aufgabe von Eltern gegenüber ihrem leiblichen Kind?
Es wachsen zu lassen an Geist, Seele und Körper.
Die wenigsten Eltern tun dies.
So wie wir unsere leiblichen Kinder voll stopfen
mit unseren anpasserischen Lebenskonzepten,
mit geistloser Sentimentalität und unterdrückerischer Fürsorge,
so vergewaltigen und missbrauchen wir in aller Regel
auch das neue Leben in unserem Herzen.
Nur wenn wir unsere Kinder im Bewusstsein lehren,
dass wir (die Eltern) später die Schüler unserer Kinder sein werden,
sind wir wahre Eltern und Erzieher unserer Kinder.
Das gilt auch für das Kind, das in unserem Herzen geboren wird.
Die Engel und die Hirten
In der Weihnachtsgeschichte sind es die Engel die die Geburt
des Erlösers verkünden.
Vorher kommen sie zu Maria und Josef und nachher zu den Hirten auf dem Feld.
Auch in der Weihnachtsgeschichte unseres eigenen Lebens,
wenn Christus in unserem Herzen geboren wird als das neue Leben in uns,
verkünden die Engel seine Erscheinung.
"Die Engel":
Das sind die intuitiven Stimmen in unserem Herzen, die vorausschauenden Ahnungen, die spontanen Gewissheiten, die unsere Erfahrungen über den Haufen werfen und mit der Vernunft nicht zu erklären sind.
Mitunter können die Engel auch die Gestalt anderer Menschen annehmen,
die uns innerlich bestärken
und ein Licht werfen auf das zarte neue Leben in uns.
Immer aber sind die Engel diejenigen Stimmen in uns und um uns herum,
die das neue Leben in uns bestätigen und uns ermutigen, trotz aller äußerer Ablehnung und aller Krisen, in die wir geraten mögen, an diesem neuen Leben festzuhalten und unser Heil von dort und von nirgendwo anders zu erwarten.
Die Engel sind es, die uns den Sohn Gottes erkennen lassen.
Ohne diese Engel in uns und um uns herum wären unsere Augen blind und
unser Verstand drehte sich im Kreise.
Und die Hirten?
Wie die Engel im Himmel leben, in geistigen Sphären,
so leben die Hirten auf dem Feld.
Sie weiden die Schafe.
Warum spielen die Hirten eine Rolle in der Weihnachtsgeschichte?
Weil der Sohn Gottes nicht nur im Himmel lebt, sondern auch auf der Erde.
Das neugeborene Kind in unserem Herzen lebt nicht nur von der Intuition:
Es braucht mehr als die Stimmen der Engel,
um es großzuziehen und zur Herrschaft zu bringen über unser Leben.
Es braucht die Hirten, die unser Denken, unser Empfinden, unser Handeln
und unser Sprechen auf die Weiden des Lebens führen
und so aus dem himmlischen Kind in uns einen erdverbundenen, strahlenden,
göttlichen Menschen machen, dessen Macht sich im Alltag,
in den Niederungen des Lebens entfaltet:
In klaren Worten, in befreienden Gedanken und in erlösenden Taten.
So wie die Engel in hohen Augenblicken die Intuition in uns wachrufen und die Augen unseres Herzens öffnen, so bringen die Hirten im Alltag die heilsamen, festen Gewohnheiten in unser Leben:
Gewohnheiten des Sprechens, des Denkens und des Handelns.
Ein erleuchtetes Bewusstsein ist nichts, solange es nicht die Gestalt heilender
und erlösender Gewohnheiten im Alltag annimmt.
Der Sohn Gottes lebt nicht bei den Engeln, in der Inspiration des feierlichen Augenblicks, sondern bei den Hirten, in der segensvollen Bewältigung aller Situationen, die das menschliche Leben natürlicherweise beinhaltet.
Weil viele Menschen das nicht wissen, erleben sie nicht die Geburt Gottes in ihrem Herzen.
Für sie bleibt Gott im Himmel und kommt nie auf die Erde zu ihnen herab.
Für sie gibt es nie Weihnachten.
König Herodes
Jesus hat einmal, kurz vor seinem Tod gesagt:
"Meint nicht, daß ich gekommen bin, den Frieden zu bringen.
Ich bringe das Schwert, nicht den Frieden."
Sobald der Sohn Gottes erscheint, kommt es zum Kampf.
Die Mächte der Dunkelheit wollen nämlich unter allen Umständen verhindern,
daß der Sohn Gottes am Leben bleibt und zur Herrschaft gelangt.
In der biblischen Weihnachtsgeschichte ist es der finstere König Herodes,
der Jesus nach dem Leben trachtet.
Auch in unserer ganz persönlichen Weihnachtsgeschichte,
bei der Geburt des neuen Lebens in unserem Herzen, gibt es diesen finsteren König.
Wir kennen ihn alle.
Es ist unsere Persönlichkeit.
Unsere Persönlichkeit ist ein König, der um seine Macht fürchtet,
sobald das Kind in unserem Herzen geboren wird.
Unsere Persönlichkeit (Egoebene) fürchtet sich vor dem Verlust unserer gesellschaftlichen Anerkennung,
sie fürchtet sich vor dem Verlust der Bequemlichkeit,
die in gewohnten Gedanken und Handlungen liegt,
sie fürchtet schlicht und einfach den Verlust unseres Lebens.
Sie fürchtet sich zurecht, es kann keine zwei Könige nebeneinander geben.
Zu Beginn des Kampfes ist die Persönlichkeit im Vorteil,
denn sie ist mächtig und stark,
während das neugeborene Kind nur klein und schwach ist.
Deshalb gewinnt die Persönlichkeit auch viel öfter,
als wir in unserer religiösen Sentimentalität meinen.
Es kommt oft vor, das es dem finsteren König gelingt,
den Sohn Gottes umzubringen.
Es ist geradezu ein Wunder, wenn es ihm nicht gelingt.
Bei jedem Menschen, der nie einen Bruch in seinem Denken zulässt,
der jeden Karriereknick und jede persönliche Krise zu vermeiden weiß und
jederzeit "alles im Griff' hat, verläuft die persönliche Weihnachtsgeschichte
als die biblische Weihnachtsgeschichte:
Jesus wird bei ihm im Alter von nur wenigen Tagen
oder Wochen oder Monaten von Herodes umgebracht.
Die drei Weisen aus dem Morgenland
In der biblischen Weihnachtsgeschichte faszinieren mich am meisten die drei Astrologen, die von der christlichen Tradition später zu Königen
aus dem reichen Orient gemacht wurden.
Diese drei Weisen folgen einem Stern, von dem sie wissen,
dass er sie zum Sohn bringt.
Zuerst suchen sie ihn im Königspalast; dort treffen sie aber nur auf Herodes.
Schließlich finden sie ihn in einem ärmlichen Stall.
Trotzdem beten sie ihn an und überreichen ihm ihre Geschenke.
Wer sind die drei Weisen in unserer ganz persönlichen Weihnachtsgeschichte?
Wir sind es, die Wissenden.
Wir, die wir in unserer Sehnsucht nach einem erfüllten und glücklichen Leben religiöses, esoterisches, philosophisches, psychologisches, astrologisches und weltanschauliches Wissen aller Art zusammentragen, um den Erlöser, den Sohn Gottes in uns zu finden.
Auf unserer Suche folgen wir immer einem Stern.
Das ist das menschliche Ideal, das in unser Leben hineinleuchtet:
Mahatma Gandhi oder Rudolf Steiner, Nikolaus von der Flüe oder Michail Gorbatschow oder auch irgendein Unbekannter.
Keiner dieser Personen ist der Erlöser, der Sohn Gottes in unserem Herzen,
aber alle können uns zu ihm fuhren: zum lebendigen Christus in uns.
Auch Jesus von Nazareth ist nicht unser Erlöser,
sondern der lebendige Christus in unserem Herzen.
Viele Menschen beten zu Jesus,
ohne dabei den Frieden ihres Herzens zu finden.
Für sie ist Jesus der Leitstern am Himmel,
aber nicht der Sohn Gottes in der Einfachheit ihres Herzens.
Jedes unserer Ideale ist im Grunde genommen ein Leitstern,
dem wir folgen auf unserer Suche nach dem Sohn Gottes in unserem Herzen.
Es ist interessant, daß die drei Weisen in der biblischen Weihnachtsgeschichte
zuerst an den finsteren Herodes geraten
und das sie ihm im Weiteren auf Anraten eines Engels aus dem Weg gehen.
Auf der Suche nach dem Sohn Gottes in unserem Herzen geraten auch wir zuerst an unsere eigensinnige Persönlichkeit, die eingemauert im Palast ihres Denkens
und Handelns lebt und niemals den Sohn Gottes in der Einfachheit
des Herzens anbeten wird.
Mit diesem finsteren König in uns werden wir fertig werden müssen.
Und ohne Kampf wird das nicht abgehen.
Dies ist der wahre heilige Krieg.
In den drei Weisen haben wir das Bild der Menschen vor uns,
die den Sohn Gottes in ihren Herzen finden.
Sie legen den Hochmut ab, der in jedem Wissen liegt,
und beten ihn an.
Sie tauschen all ihr Wissen über das Leben
und über Gott ein gegen das Erlebnis, ihm zu begegnen.
Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen auf Erden.
Amen.
(Verfasser mir leider unbekannt.)
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