Samstag, 9. Juni 2018
Aus aktuellem Anlass: „Eine kleine Geschichte"
Es war einmal ein kleines Ego.
Es schwamm und wand sich
durch sehr herausfordernde Zeiten.
Immer wieder begegnete ihm etwas, das es
sehr ängstigte,
doch irgendwie war das kleine Ego das gewohnt
und dachte sich
nicht so viel dabei.
Eines Tages zogen dicke, dunkle Wolken am Horizont auf.
Das kleine Ego wusste
sehr genau, dass dies nicht Gutes bedeuten würde.
Die dunklen Wolke kamen immer
näher
und mit ihm ein Heer schwarzer Reiter auf ihren Rappen.
Die Reiter
wirkten riesenhaft groß und übermächtig.
Das kleine Ego erzitterte und wollte
sich am liebsten irgendwo
verstecken wie sonst so oft.
Doch da war nichts zu
finden, kein Mäuseloch, nichts.
Es focht eine Todesangst aus, weil es meinte bald
entdeckt zu werden.
Es beugte sich demütig,
damit es wenigstens einigermaßen
verschont bliebe.
Die Bedingungen der Reiter würden schon nicht so schlimm
ausfallen,
so hoffte es inständig.
Doch die Reiter ließen sich länger Zeit, als
das Ego gedacht hätte.
Eigentlich hätte es die Sache lieber schnell hinter sich
gebracht,
als dieser Todesangst noch länger ausgeliefert zu sein.
Neben sich sah es nun jede Menge anderer kleiner Egos.
Auch sie schienen
derselben Angst befallen zu sein.
Nichts Anderes hatte das kleine Ego erwartet.
Wie könnte man sich auch solch wilden, ungestümen, übermächtigen
Dunkle-Wolke-Reitern entgegen stellen.
Einige Egos verloren schon die Nerven.
Wie Lemminge stürzten sie sich vor die
Hufe der Reiter
und wurden von ihnen verletzt oder gleich in Ketten gelegt.
Andere etwas mutigere kleine Egos fragten die furchterregenden Reiter
mit
zittrigen Stimmchen:
Und, was wollt ihr denn von uns?
Einer der Reiter holte eine Schriftrolle aus seiner Satteltasche.
Er begann
vorzulesen, was die schwarzen Reiter sich ausgedacht hatten.
Eigentlich klang
das gar nicht so schlimm,
dachten viele Egos sich und begannen sich etwas zu
entspannen.
Er las etwas darüber vor, dass es um Sicherheit ginge
und darum,
die Egos zu schützen.
Anscheinend gab es da wohl eine Gefahr, die den Egos
drohte.
Einige von ihnen begannen sich daraufhin merklich zu beruhigen.
Anscheinend waren die schwarzen Reiter ja auf ihrer Seite.
Doch der Text war
noch länger.
Jetzt ging es an die Bedingungen die daran geknüpft wurden,
dass
die Egos auch wirklich geschützt bleiben konnten.
Es wurde plötzlich unter
Strafe gestellt,
sich mit anderen Egos einfach so wie bisher auszutauschen.
Die
Reiter meinten, dass manche Egos dies in der Vergangenheit schon
ausgenutzt
hätten und dies müsste nun verboten werden.
Einige Egos nickten sofort
zustimmend mit ihren Köpfen.
Etliche gingen jetzt auch weg.
Sie schienen
zufrieden und meinten genug gehört zu haben.
Doch jetzt wurde es eigentlich
erst spannend.
Denn um die armen, kleinen Egos, vor den bösen, ausnutzenden
Egos
zu schützen, mussten sich nun alle bestimmten Anordnungen fügen.
So durfte
nun plötzlich keiner mehr sein Schaffen und Wissen
so unter die Egos bringen,
wie bisher.
Plötzlich gab es da schier undurchschaubare Anordnungen
und
angeblich ein paar große böse Buben,
die sich den neuen Regeln nicht
unterordnen wollten.
Und weil das alles ja zum Schutze für die kleinen Egos
gemacht würde,
müssten sich nun auch alle kleinen Egos damit abfinden,
dass sie
die Dienste der großen bösen Buben so wie bisher
nicht mehr in Anspruch nehmen
dürften.
Aber - so ging der Text weiter - würde man die armen, kleinen,
unschuldigen
Egos jetzt natürlich noch nicht bestrafen.
Man sei ja
verständnisvoll, wurde betont.
Immerhin könnten die kleinen Egos ja nichts für
das,
was die großen bösen Buben taten oder ließen.
Da atmeten die verbliebenen
kleinen Egos etwas auf.
Man versprach ihnen eine Frist
um sich an die
veränderten Umstände erst zu gewöhnen.
Nun hatten sie ja jede Menge Zeit sich
zu überlegen,
wie sie am besten künftig ohne die Dienste der großen bösen Buben
auskommen könnten.
Denn das ist es, was kleine Egos sowieso gut können:
Sich
abwenden, wenn es unangenehm wird und sich fügen.
So verging die Zeit.
Die kleinen Egos gewöhnten sich an eine veränderte
Situation.
Sie gewöhnten sich daran, die Dienste der bösen Buben entweder
ganz
aus ihrem Leben zu verbannen
oder sie nutzten sie nur noch als passive Leser.
Denn selbst aktiv mitmachen war ihnen mittlerweile einfach zu gefährlich,
zu
mühsam oder zu undurchschaubar
(wegen der ganzen neuen Regel und Bestimmungen)
geworden.
Nur lesen ist ich auch nett und deutlich weniger anstrengend,
so
dachten sie.
Sie bemerkten auch gar nicht,
dass sie plötzlich einen erheblichen
Teil ihres Selbstausdruckes
verloren hatten.
Sie fühlten sich auch vielleicht
nicht mehr so gut wie noch vor einiger Zeit.
Aber die kleinen Egos sind es ja
gewohnt,
sich schnell zufrieden zu geben.
Irgendetwas Neues hat gewiss dieses
Vakuum
in ihrem Leben längst füllen können.
Zu Anfang wunderten sie sich vielleicht noch,
dass immer weniger Kreatives,
wirklich Interessantes zu finden war.
Sie waren es eigentlich gewohnt, dass
immer wieder Inspiration
zu ihnen fand, sie etwas Neues erfuhren, lernten und
entdeckten.
Sie waren es gewohnt, sich mit anderen darüber auszutauschen.
Sie
hatten diese Gemeinschaft lieb gewonnen
und auch eine Stärke im Miteinander
erlebt.
Doch die Impulse verschwanden mehr und mehr.
Das Miteinander war nur
noch selten zu spüren.
Die Egos wurden trauriger und ihr Leben verlor wieder an
Farbe.
Was ihnen lange Zeit Freude gemacht hatte
und ihre Zeit versüßte
verschwand immer mehr.
Wo war das alles hingekommen?
Wo waren all die anderen Egos eigentlich
hingekommen
mit denen es so viel Freude gemacht hatte sich auszutauschen
und wo
es sogar vorkam,
dass ein kleines Egos sich gar nicht mehr so klein
vorkam?
Doch die Entwicklung hatte längst schon ihren Lauf genommen,
denn die Egos
hatten genau das gemacht, was kleine Egos eben tun
und wovon schwarze Reiter
genau wissen, dass sie es tun.
Sie hatten sich gefügt, untergeordnet und vor allem Dingen geglaubt,
die ihnen
etwas ganz Anderes versprochen hatten.
Jetzt aber standen sie leer da und
einsam.
Komischerweise waren aber auch die bösen Buben nicht verschwunden.
Sie
taten nach wie vor,was sie immer schon gemacht hatten.
Manche der Egos
munkelten, dass der Kampf der schwarzen Reiter
gegen die bösen Buben womöglich
ein Täuschungsmanöver gewesen sein
könnte - aber das kann natürlich niemand
beweisen
und bleibt nur eine böse Theorie.
Aber war es nun nicht ohnehin zu spät?
Die mächtigen schwarzen Reiter waren
schon überall
und die Egos hatten nicht gemerkt, wie die Gitterstäbe immer
enger
um sie herum erbaut worden waren.
Aber hätte diese Geschichte
vielleicht auch anders enden
können?
Ja, das hätte sie, wenn etwas ganz Anderes geschehen wäre.
Es hätte etwas
geschehen können, womit kein schwarzer Reiter wirklich
gerechnet hat und womit
er eigentlich auch nicht umzugehen weiß.
Einigen der Egos könnte plötzlich
einfallen,
dass sie gar keine so kleinen Egos sind.
Sie könnten damit beginnen,
auf die Ereignisse mit Abstand zu blicken.
Sie könnten sogar damit beginnen zu
sehen,
wie sie bisher reagiert hatten
und wie berechenbar sie letztlich
gehandelt hatten.
Sie können ihre eigene Angst
und die damit verbundene Berechenbarkeit
des Egos durchschauen.
Das kleine Ego könnte sich sozusagen selbst beobachten
und erkennen.
Und wenn so ein Ego dies tut,
würde sich tatsächlich etwas Neues
in ihm regen,
etwas das von Weite und Freiheit erzählt.
Wenn die Geschichte diesen Verlauf nehmen würde,
so
geschieht es dann plötzlich, dass manche dieser kleinen Egos
plötzlich gar
nicht mehr so klein sind.
Auch die anderen bemerken das und wundern sich etwas.
Wie konnte so etwas möglich sein?
War es tatsächlich möglich, dass sie sich die
ganze Zeit
für etwas gehalten hatten, was sie gar nicht waren?
Diese ganz
andere Entwicklung aber hat noch viel mehr im Gepäck.
Plötzlich werden die
schwarzen Reiter
wie auch die angeblich bösen Buben ganz anders gesehen.
Plötzlich muss sich so ein einstmals kleines Ego
überhaupt nicht mehr vor den
anderen fürchten.
Verwundert reibt es sich die Augen,
denn das kennt es bisher noch gar nicht.
Wie kann man sich denn nicht fürchten?, fragt es sich.
Es benötigt plötzlich
diesen versprochenen Schutz nicht mehr
und schon gar nicht muss es dafür
solch
einen großen Preis bezahlen.
Die einstigen Egos wachsen und dehnen sich aus.
Sie werden ganz leicht und
fröhlich.
Sie erinnern sich wieder wie man lacht und wie man spielt.
Sie
interessieren sich plötzlich immer weniger für das,
was schwarze Reiter so
machen.
Dafür haben sie auch gar keine Zeit mehr.
Sie kümmern sich darum zu
erfahren,
wie das Wesen eigentlich beschaffen ist das sie selbst zu verkörpern
scheinen.
Während sie voll und ganz in sich selbst aufgehen,
werden sie
innerlich immer friedlicher.
Plötzlich sind sie gar nicht mehr fähig Angst zu
empfinden
und eines Tages geschieht das große Wunder:
Die schwarzen Reiter
lösen sich in Luft auf.
Alles was einst schwer und angstvoll erschien
verschwindet -
ganz von alleine.
Da ist alles nur noch frei und leicht -
einfach so.
Die kleinen Egos gibt es nicht mehr so zahlreich
wie zuvor und die
die noch übrig sind, spielen keine Rolle mehr.
Ja, diese Geschichte könnte sogar in die Freiheit führen…
wir werden es sehen.
Möchtest du freier werden, dich von Strukturen erlösen?
Möchtest du das Wesen kennen lernen,
dass unter der Oberfläche schlummert?
Dann
schau doch einmal in meine Bücher:
Text und Bild (c) Eva-Maria Eleni
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