Freitag, 22. Juli 2022

Keine Zeit!

Wenn ich meine kleine Oase inmitten der Natur verlasse
und mich auf den Rhythmus einer modernen Stadt
oder meiner modernen Mitmenschen einlasse,
kann ich mich immer wieder nur über den Stress wundern,
mit dem sich fast alle schmücken.
Ziemlich billiger Schmuck!
Ich dachte, es hätte sich herumgesprochen,
dass es nur den Augenblick gibt
und dass genau dieser Augenblick
das Allerbeste von Allem ist.
Aber unsere moderne Kultur ist anscheinend zu kompliziert.
Ich meine, einfach im jetzigen Augenblick zu leben,
ist zu einem spirituellen Ideal geworden,
statt eine Alltäglichkeit.
Und was ist die Alltäglichkeit?
Stress!
In einer Welt, in der fast alles jederzeit verfügbar ist,
ist Gelassenheit eine Seltenheit.
Es scheint in unserem Leben keine Zeit für Gelassenheit zu geben,
und vielleicht ist sie uns deshalb abhanden gekommen.
Zu viel Arbeit, zu viele Ziele,
zu viele Probleme, an die wir denken
und zu viele Dinge, um die wir uns kümmern müssen.
Zu viele Zwänge - bis hin zu dem Zwang,
das Leben genießen zu müssen.
Der Druck wird immer stärker.
Viele junge und nicht mehr so junge Menschen
 haben eine Adrenalinsucht entwickelt,
die sie dazu treibt,
jeden Tag „am Limit“ zu leben,
Auf der Arbeit genauso wie beim Sport,
und sogar in der Zeit, die für Vergnügen reserviert ist.
Es fühlt sich ein bisschen an wie …
„immer auf der Flucht“,
immer auf der aktuellen Welle,
immer an der Oberfläche.
Tiefe braucht Zeit,
um nicht zu sagen: Ewigkeit.
Man fragt sich, wie man alles schaffen soll,
wenn man nicht rennt,
ohne dabei durchzudrehen.
Der Job, der Haushalt, das Fitness-Programm,
die Therapie, die Freunde, die Familie, Papierkram …
Ein Hamsterrad,
das sich schneller dreht als jeder Hamster
laufen kann!
Wohin?
Ach … wenn wir uns doch nur ein wenig Zeit lassen könnten,
wenn wir doch nur in der Lage wären, unsere „Flucht nach vorne“ zu stoppen,
wenn wir uns die Zeit nähmen, alles deutlicher wahrzunehmen …
dann, ja dann wären wir vielleicht in der Lage,
selbst in einer unangenehmen Situation etwas zu entdecken,
was uns weiterbringt, was uns erfreut
oder wodurch wir etwas lernen können.
Ich schlage jedem Stress-Kanditaten vor,
dass er sich von heute an mindestens eine Stunde die Woche Zeit nimmt,
um einfach dazusitzen und nichts zu tun.
Nichts!
Macht dieser Gedanke auch schon wieder Stress?
Keine Angst, jeder kann das aushalten,
eine Stunde nichts tun. Auch du.
Nicht mit dem Handy spielen. Nicht lesen.
Keine Musik hören. Kein Bier. Keine Probleme lösen …
Nichts. Nicht mal medieren!
Gar nichts.
Ja, vielleicht macht das anfangs richtig Stress!
Aber nur deshalb, weil es ungewohnt ist
und wir eben Stress gewohnt sind.
Vielleicht wirfst du dir sogar vor, Zeit zu verschwenden
(Wo du doch so viel zu tun hättest!)
Lass es doch einfach mal drauf ankommen.
Wenn du nicht davonläufst,
sondern einfach weiterhin da bist,
ohne über dich selbst zu urteilen,
wird bald der Moment kommen, in dem die innere Unruhe verschwindet
und von ganz tief unten Gelassenheit aufsteigt.
Die Gelassenheit dessen,
der sich nicht vor dem fürchtet,
was ihm draußen begegnen könnte,
weil er keine Angst vor dem hat,
was er in sich entdeckt.
Wenn man im Frieden mit der Außenwelt und mit sich selbst ist,
ist es überflüssig, das Leben mit zu vielen Worten und Taten
zu füllen.

In Liebe Tom 

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