~Ausschnitt aus dem
Buch "Und der Himmel führt Regie"
von Karin E.J.Kolland~
...."Nach
einiger Zeit des stillen Wanderns nahm ich mir ein Herz und sagte:
"Warum ist es
mit der Liebe so schwer, Rudi?"
"Es ist nicht
schwer, Karin.
Schwer zu ertragen ist nur, wenn du etwas erwartest, und es
trifft nicht ein."
Und nach einer Weile ergänzte er: "Aber das hat
dann mit Liebe nichts zu tun."
"Aber Rudi, wenn
ich nun jemanden wirklich liebe, ganz tief, was soll ich dann mit meiner Liebe
machen?
Wo soll ich sie hingeben?"
"Schenk sie ihm
ganz einfach."
"Aber wie kann
ich ihm Liebe schenken, wenn er nicht das ist
und sie vielleicht auch nicht
will?"
und das war ja auch die Kernfrage, die mich beschäftigte.
Durfte
ich jemandem Liebe zufließen lassen, von dem ich nicht wusste,
ob er das
überhaupt wollte?
"Gib ihm einfach
Platz in deinem Herzen.
Denk an das Fasten des Herzens.
Wenn alle
Erwartungshaltung, alles Wollen aus deinem Herzen draußen sind, dann ist Platz
für die wirkliche Liebe, und das kann die andere Person immer spüren,
auch wenn
sie fern von dir ist.
Es liegt an dir, ihr diesen Platz einzuräumen und Liebe
zu schenken,
und es liegt an ihr, diesen Platz einzunehmen oder nicht."
Rudis Worte kamen ruhig und bestimmt.
Ich versuchte, seine
Worte tief in mir aufzunehmen, aber es wehrte sich etwas in mir, und ich sagte:
"Das sagt sich so leicht.
Wenn ich an ihn denke, werde ich oft traurig,
und alles wird schwer.
Manchmal werde ich auch ärgerlich und möchte ihn und alle
Gedanken an ihn verjagen, möchte mich wehren gegen das, was mich bindet, und
doch liebe ich ihn."
"Siehst
du", sagte Rudi, "da ist es wieder.
Das hat mit Liebe nichts zu tun.
Du bist ärgerlich und enttäuscht, weil sich nicht erfüllt, was du willst."
Dabei nahm er mich aber zärtlich an den Schultern und ergänzte leise:
"Ich
weiß schon, dass das sehr schwer ist und auch sehr weh tut.
Aber schau, so ist
das eben mit der Liebe, wenn sie ins Leben kommt.
Nicht immer bekommen wir sie
geschenkt,
manchmal müssen wir uns Liebe hart erarbeiten.
Müssen selbst erst in
uns klären, ob es wirklich Liebe oder nur ein Spiel der Abhängigkeit ist.
Bist
du dir auch ganz sicher, dass du diesen Mann liebst?
Ich konnte nicht
antworten, ich war mir nicht sicher.
Schweigend gingen wir den schönen Waldweg
weiter.
Rudi brach unsere Stille nur, um mich hin und wieder auf eine kleine
Blume,
einen schönen Stein oder besonders schönen Lichtstrahl zwischen den
Zweigen aufmerksam zu machen.
Ich war in meinen Gedanken tief mit meiner Geschichte
beschäftigt
und kam nicht davon los.
"Wie heißt er?
Magst du mir von ihm erzählen?" fragte Rudi einfühlsam.
"Er heißt
Günther", sagte ich mit einem Seufzer, "aber ich kann und will
eigentlich nicht davon erzählen.
Wenn ich darüber spreche, dann kommt es mir
vor, als verrate ich alles in mir, verstehst du?
"Ja, das
verstehe ich gut."
"Aber weißt du,
Rudi, ich bin dir doch sehr dankbar, dass ich mit dir reden kann.
So kann ich
sonst mit niemandem darüber sprechen.
Mir kommt vor, diese Liebe braucht viel
Schutz,
und ich will sie von niemandem zerstören lassen.
Aber ich will lernen,
wie ich damit umgehen soll und was ich tun kann.
Ich frage mich natürlich,
warum ausgerechnet mir das nun wieder passieren muss. Ich habe doch wirklich
schon genug durchmachen müssen in den Beziehungen,
die ich gelebt habe.
Warum
passiert mir das jetzt wieder?" fragend schaute ich zu ihm hin, "
was
will Gott mir damit sagen?"
"Ich weiß nicht,
was Gott dir sagen will, Karin.
Aber vielleicht hast du es dir selbst zur Aufgabe
gemacht, lieben zu lernen.
Schau, es ist leicht, Menschen zu lieben, von denen
wir wiedergeliebt werden.
Sieh, Gott liebt alle Menschen, bedingungslos, auch
die,
die von ihm nichts wissen wollen."
"Ja schon, aber
ich bin ja nicht der liebe Gott.
Ich bin ein ganz normaler Mensch, eine Frau,
und ich möchte auch Liebe,
Zärtlichkeit und Nähe.
Und ich möchte Freude haben
und Unterstützung bei meiner Arbeit",
entgegnete ich trotzig.
"Dann musst du
eben weitersuchen nach einem Menschen, der bereit ist,
dir das zu geben."
Rudis Antwort war eindeutig.
„Das will ich nicht,
denn dann müsste ich für jemand anderen Platz machen in meinem Herzen.“
Wir redeten noch eine
Weile weiter und gingen so dahin.
Mir wurde mehr und mehr klar, dass ich da mit
meinen Gefühlen einen sehr steinigen Weg zu gehen entschlossen war und ahnte
damals noch nicht, wie sehr gerade dieser Weg der Liebe zu einem Menschen, sich
als Weg des spirituellen Erwachens erweisen würde und mich zu den schönsten und
tiefsten Mysterien hinführen würde, die als Mensch zu schauen und zu fühlen
möglich sind.
Und heute denke ich noch an die Worte, die mir Rudi auf diesem
Waldweg ins Herz legte: „Liebe Karin, das braucht Geduld, viel Geduld.“
Und ich denke, welch
unermessliche Geduld hat doch Gott mit uns,
und mit welch unerschütterlicher
Geduld trägt Er seine Liebe vor uns her, bedingungslos darauf wartend, dass wir
sie annehmen.
Er zwingt sie uns nicht auf.
Oh nein, Er wird nur nicht müde, mit
Seiner Liebe vor uns herzugehen
und sie uns sofort zufließen zu lassen, wenn
wir bereit sind, sie anzunehmen."
~Ausschnitt aus dem
Buch "Und der Himmel führt Regie"
von Karin E.J.Kolland~
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