Ich weiß, dass viele
Menschen auf dem Weg derzeit
auf der Suche sind nach einer neuen Art, ihre
Beziehungen zu leben.
Für mich selbst war nach vielen schmerzhaften,
enttäuschenden und
kräftezehrenden Erfahrungen eine Grenze erreicht,
an der mir
sehr klar wurde,
dass ich Beziehungen in der alten Art nicht mehr leben möchte.
Anderen Menschen scheint es sehr ähnlich zu gehen.
Aber was ist eine
neue Beziehung?
Was macht sie aus?
Und wie kommen wir da hin?
Um es vorweg zu
nehmen:
Beziehungen sind für mich nur ein Spiegel
und so ist der Weg zu einer
neuen Beziehung nichts anderes,
als der Weg zur eigenen Verwirklichung und
Heilung -
die komplette Transformation unserer Beziehung zu uns Selbst.
Ich denke, dass das
Ausmaß der inneren Veränderung, die nötig ist,
um eine neue Beziehung zu führen
von vielen weit unterschätzt wird.
Es ist kein Herumdoktern an den alten
Beziehungen,
es ist etwas ganz neues.
Die neue Beziehung ist die Folge der
persönlichen
Heilung und eines tiefen Bewusstseinswandels.
Neue Beziehungen
kann man nicht wollen oder machen,
sie sind Folge eines großen Shifts im
Bewusstsein,
den ich hier aus meiner Perspektive beschreiben möchte.
Neue
Beziehungen haben kaum Gemeinsamkeiten mit dem,
was wir gewöhnlich unter
Beziehung verstehen,
auch wenn sie äußerlich fast gleich aussehen können.
Die drei Stufen der
Beziehung
Ich sehe drei Stufen
von Beziehung, wahrscheinlich gibt es weit mehr,
aber diese drei scheinen mir
sehr zentral zu sein.
1.
"Normale" (Ego)-Beziehungen (auch karmische Beziehung, 3-Dimensionale
Beziehung)
2. Heilende
Beziehungen (auch vierdimensionale Beziehungen)
3. Neue Beziehung
(auch erwachte Beziehung, Soulmate-Beziehung, fünfdimensionale Beziehung)
In der ersten Stufe
sind wir völlig verloren in Projektionen und Energiespielchen.
Wir sind in
einer energetischen und emotionalen Abhängigkeit voneinander.
Es geht meist um
"den anderen", der uns beglückt, oder verletzt,
den wir lieben oder
hassen, der wundervoll ist oder sich ändern soll.
Emotionale Abhängigkeit und
Sucht
überwiegt hier bei Weitem wirkliche Liebe.
In der zweiten Stufe
haben wir erkannt,
dass der andere nur ein Spiegel unserer Selbst ist.
Wir
verstehen die Beziehung als Lehrer,
um mehr über uns selbst zu erfahren, unsere
Wunden zu heilen.
Wenn Schmerz auftritt, projizieren wir dies nicht auf den
anderen,
sondern suchen Heilung in uns selbst.
Wir bemühen uns um eine offene
und wahrhaftige Kommunikation,
abseits von Projektionen und Schuldzuweisungen
(Paargespräch, Gewaltfreie Kommunikation etc.)
Obwohl die Projektion auf die
andere Person – und damit Streit,
Schwere und Kampf - größtenteils aufgehört
hat,
gibt es nach wie vor eine Projektion auf Beziehungen an sich
und auf die
Liebe zwischen den Partnern.
Nach wie vor versuchen wir,
bestimmte Bedürfnisse
durch die Beziehung zu befriedigen,
unseren Urschmerz der Trennung zu lindern.
Darum verliert man sich in dieser Phase trotz aller Bewusstheit
immer wieder in
der Beziehung -
gerade im bewussten Umgang mit diesen Punkten
liegt jedoch auch
die Möglichkeit zur Heilung.
In der dritten Stufe
findet ein radikaler Shift statt.
Im Grunde hört Beziehung im alten Sinne des
Wortes fast auf.
Beide Partner haben eine feste Anbindung an ihre eigene Quelle
und sind heil in ihrer eigenen Liebe.
Aus "ich liebe dich" wird
"ich liebe" oder sogar "ich bin Liebe".
Die wirkliche
Beziehung besteht zwischen dem Einzelnen und Gott.
Der Partner ist nur ein
äußerer Spiegel der Beziehung zum eigenen Herzen,
zu Gott, zum inneren Mann
oder der inneren Frau.
Beide Partner genießen ihre eigene Liebe
und genießen
es, den anderen in seiner Liebe zu sehen
und genießen das Feld, dass durch
diese Liebe erschaffen wird.
Beide sind autark.
Beide sind all-ein.
Beide
genießen den anderen in völliger Freiheit.
Horizontale und
vertikale Energieverbindungen.
Der gesamte Prozess
wird sehr viel leichter zu verstehen,
wenn man die Natur der Energiespielchen
versteht,
die wir gemeinhin Beziehung nennen.
Die Formulierung, dass wir uns
mit jemandem verbunden fühlen,
ist nämlich auf der energetischen Ebene sehr
real.
Durch unsere mentalen und emotionalen Projektionen
auf den anderen
entstehen Energieschnüre,
die ich mal bildlich als "Sauger"
bezeichnen möchte.
Ich persönlich sehe sie hauptsächlich im Bereich des Sakral-chakras,
des Nabels und Solarplexus-chakras.
Eine etwas andere Art besteht oft auch
zwischen den Herzen,
die ist heller und leichter.
Als ich genügend
Ehrlichkeit entwickelte hatte,
war es relativ einfach für mich zu sehen,
dass
ich fast immer in der Beziehung etwas vom anderen wollte -
auch wenn es
äußerlich schien, als würde ich etwas geben.
Akzeptiert der andere dieses Spiel
über eine gewisse Zeit,
verfestigen sich die Energieschnüre - ein Energiespiel
hat begonnen.
Meist gibt es dabei einen, der klammert und einen, der weg-läuft.
Das sind nur zwei Rollen ein und des selben Spiels,
auch wenn die Weglaufenden
manchmal glauben,
sie würden gar nicht spielen,
sondern sich gegen den
Bedürftigen schützen.
Durch die
Energie-schnüre geraten die Partner in emotionale
und energetische Abhängigkeit
zueinander,
sie brauchen den anderen, um ein Bedürfnis zu erfüllen.
Verweigert
der andere dies, verursacht das große Angst,
Verlustgefühle und emotionale
Schmerzen.
Die Angewohnheit,
ein Bedürfnis auf der horizontalen Ebene zu
befriedigen,
wird zu einer Sucht,
die sich meist in allen zwischenmenschlichen
Beziehungen widerspiegelt.
Diese Sucht nach horizontalen Energieverbindungen
wird von fast allen Menschen in unserer Gesellschaft geteilt.
Und so laufen wir
denn alle mit unseren Saugern durch die Gegend,
Tausende Verdurstende, die sich
gegenseitig aussaugen.
Die neue Beziehung
besteht in ihrem Kern letztlich
in einem einfachen aber radikalen Schritt:
Der
Aufgabe von horizontalen Energieverbindungen.
Statt zu versuchen,
die Bedürfnisse
in der horizontalen Ebene zu befriedigen,
öffnet man die vertikale
Energieverbindung zur eigenen Seele
und der Quelle.
Über die Zeit wird diese
Verbindung zur innigsten und tiefsten Liebe,
zu all dem, was wir uns in
Beziehung so sehr wünschen:
komplettes Vertrauen, Überfluss, Geborgenheit,
Sicherheit, Beständigkeit.
Das Bedürfnis und Verlangen, etwas aus der Welt zu
bekommen, hört auf,
die Sucht nach horizontalen Energieverbindungen ist
durchbrochen.
Neue Beziehungen =
Lichtnahrung fürs Herz
Aus dieser
Sichtweise wird leicht erkennbar,
warum viele spirituelle Schulen von
Beziehungen abrieten.
Diese Schulen versuchten, die Abhängigkeit an horizontale
Energieverbindungen durch "kalten Entzug" zu beenden
und dafür die
vertikale Verbindung zur Seele
durch massive spirituelle Praxis auszubauen.
Ich
halte dies nicht für einen empfehlenswerten Weg,
da meiner Meinung nach eine
Beziehungsstufe übersprungen wird,
die für die Heilung der Psyche sehr not-wenig
ist.
Beziehungen sind in meinen Augen ein sehr effektiver Weg der Heilung
und
des spirituellen Wachstums.
Aber das sieht natürlich jeder etwas anders.
Trotzdem kann nicht
genug betont werden,
wie radikal der Wandel von horizontalen
zu vertikalen
Energieverbindungen ist.
Die beste Analogie, um die tatsächlichen Ausmaße
dieses Schrittes zu verstehen,
ist die Lichtnahrung.
Es gibt Menschen (ich habe
welche getroffen)
die auch in Hinsicht auf die Nahrung alle horizontalen
Verbindungen
unterbrochen haben, und sich rein aus ihrer inneren Verbindung
heraus ernähren.
Statt also auf der horizontalen Ebene die Energie durch das
Aufessen
der Lebewesen dieser Welt zu erlangen,
beziehen diese Menschen ihre
Nahrung aus ihrer Verbindung zum Kosmos.
Welches Gefühl muss es sein, sich vom
Universum genährt zu wissen?
Sich jederzeit getragen und unterstützt zu wissen,
vom ewigen Energiefeld, aus dem alles entstanden ist?
Wie muss es sein, sich so
sehr versorgt, geliebt
und angebunden zu wissen, an etwas Höheres?
Welches
Vertrauen in die Ewigkeit mag daraus erwachsen?
Wie mag es sein, ohne
Nahrungs-Bedürfnis in der Welt zu existieren, autark?
Wie radikal muss sich das
Weltbild ändern, wenn man erlebt,
dass es tatsächlich funktioniert, wenn man
erkennt,
wie begrenzt das horizontale System ist?
Wie viel Angst muss aus dem
System verschwinden,
wenn die Frage des körperlichen Überlebens geklärt ist?
Der Wechsel zur
neuen Beziehung ist sehr ähnlich
und in keiner Hinsicht weniger tiefgreifend -
nur ist die emotionale Abhängigkeit nicht so offensichtlich,
wie unsere
Abhängigkeit von physischer Nahrung.
Die neue Beziehung
ist eine Beziehung zum
Kosmos,
es geht nicht mehr um den anderen,
es geht nicht mal mehr um die
Beziehung zum anderen,
es geht um die Beziehung zum Universum.
Es geht darum,
zu wissen, dass ich wirklich -
und nicht bloß in esoterischen Zitaten -
alles
in meinem Inneren habe.
Trachtet zuerst nach
dem Reich Gottes
Manche Menschen
haben große Widerstände gegen diese Idee.
Manche finden sie sogar kalt und
einsam.
Oft vielleicht, weil diese Sichtweise missverstanden wird
als eine Aufforderung,
sich von der Welt fern zu halten, keine Beziehungen mehr zu führen,
und im
stillen Kämmerlein vor sich hin zu meditieren.
Aber darum geht es nicht.
Es
geht darum, die Welt wirklich als Spiegel zu erkennen.
Ob ich in den Spiegel
schaue, ihn zuhänge oder unter dem Bett verstecke,
ändert nichts daran, wie ich
aussehe.
Es geht nicht darum, was ich mit dem Spiegel mache.
Ich persönlich
denke aber,
das beste, was ich damit machen kann, ist hineinzusehen.
Ja, ich bin sicher,
wir können und werden glückliche
und nährende Beziehungen führen.
Aber
paradoxerweise wohl erst, wenn wir sie völlig losgelassen haben,
wenn wir sie
nicht mehr brauchen.
Jesus sagte:
"Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes,
und alles andere wird euch
dazu gegeben werden."
Was immer er mit dem Reich Gottes gemeint hat,
für
mich ist es die Verbindung zur Quelle.
Wenn ich meine Bedürfnisse aus der
Quelle erfülle,
dann wird auch die Welt sie erfüllen -
als äußerer Spiegel
dieser inneren Verbindung.
Die Welt allein aber wird sie nie erfüllen,
oder
wenigstens nur zeitlich begrenzt.
Das klingt fast
gemein.
Als eine meiner Beziehungen endete, habe ich das so empfunden.
"Warum kann ich es nicht haben!?
Was ist das für ein blödes Spiel,
wo man
alles vor die Nase gesetzt bekommt
und es doch nie haben kann?
Immer dieses
ewige Loslassen!"
Wir können es haben, außen und innen,
wir können den
Spiegel in vollen Zügen genießen.
Aber das Spiel ist so gebaut,
dass wir bei
allem Genießen nie vergessen,
wer und was wir wirklich sind.
Wie so oft, ziemlich
perfekt.
Neue Beziehungen:
Monogamie oder freie Liebe?
Wie sieht sie dann
also aus, die neue Beziehung?
Äußerlich wohl nicht viel anders, als jede andere
Beziehung.
Energetisch aber sind sie sich kaum noch ähnlich.
Persönlichkeiten
werden sich niemals treffen, nur für kurze Augenblicke.
Als Seelen aber sind
wir alle uns unendlich nah.
Man könnte sagen, in den neuen Beziehungen lieben
wir uns
über den Umweg durch Gott.
Beide halten die Verbindung zur Quelle und
diese Quelle ist Eins.
Natürlich haben wir
menschliche Bedürfnisse,
brauchen wir Nähe und Zärtlichkeit.
Natürlich wird es
immer horizontale Verbindungen geben,
solange wir leben.
Und natürlich tauschen
wir Energie aus und verbinden uns.
Und natürlich sind wir auf einer tieferen
Ebene sowieso alle verbunden.
Die Aufgabe von horizontalen Verbindungen
ist
tatsächlich viel eher die Aufgabe
der Illusion, dass wir nicht verbunden und
Eins wären
und eine Rückbesinnung auf diese ursprüngliche Verbundenheit.
Seit Langem gibt es
auch aus diesem Grund in spirituellen Kreisen
die Diskussion um Treue und
Monogamie in neuen Beziehungen:
Machen Monogamie oder feste Beziehungen
in den
neuen Beziehungen noch Sinn?
Sollten wir uns nicht alle auch körperlich
genießen dürfen,
wo wir doch eh alle eine Familie sind?
Ist Treue nicht eine
Idee, die allein aus Angst geboren ist?
Das klingt ja alles
gut, für mich ist es aber fast irrelevant.
Relevant ist, ob ich horizontal oder
vertikal verbunden bin.
Oft ist die soganannte "freie Liebe" nur eine
Variation,
aber kein neues Modell:
Ob ich mich mit meinem Sauger an einer
Person festsauge,
oder an 10 oder an ständig wechselnden -
welchen Unterschied
macht das schon?
Die eine oder andere Art zu leben ermöglicht
schlicht unterschiedliche
Prozesse
und meine Vermutung ist, dass alle Menschen
- wenn sie es zulassen -
mal so und mal so leben würden.
Es scheint, dass die sogenannte "freie
Liebe" helfen kann,
Eifersucht loszulassen und die eigene Unabhängigkeit
von irgendeiner bestimmten Person zu realisieren.
Andererseits scheint es mir
persönlich auch,
dass viele Menschen, die freie Liebe leben,
keine wirkliche
Tiefe zulassen und so in einer Scheinsicherheit leben,
in der bestimmte
psychologische Wunden nicht berührt werden.
Es macht in meinen
Augen in jedem Fall keinen Sinn,
aus dem einen oder anderen ein Konzept zu
machen.
Monogamie, Polygamie, freie Liebe - es ist alles gut und richtig.
Aber
weder zum einen noch zum anderen sollte man sich zwingen.
Neue Beziehungen
könnten also meiner Ansicht nach
in allen möglichen Formen auftreten,
weil die
äußere Form völlig irrelevant ist.
Ich schätze aber, dass sie meistens die Form
annehmen werden,
die wir heute Monogamie nennen.
Das ist eine Beobachtung und
eine Vermutung von mir,
weil es für mich gefühlt mehr Sinn ergibt
und die
innere Realität der "Treue zum Selbst" besser spiegelt.
Auch bin ich
überzeugt,
dass Paare, die eine realisierte neue Beziehung leben
eine sehr
große gemeinsame Manifestationskraft entwickeln
und die Form der festen Zweier-Beziehung scheint mir
ein besserer Nährboden für diese Kreationen zu sein.
Aber das sind
Vermutungen.
Der Weg in Neue
Beziehungen
Ich denke, dass
heilende Beziehungen
der Schlüssel für die neuen Beziehungen sind.
Heilende
Beziehungen kann man kreieren,
Neue Beziehungen kommen allein als Geschenk.
Mein Verhältnis zu heilenden Beziehungen hat sich
durch das Verständnis von
horizontalen und vertikalen
Energieverbindungen sehr verändert.
Einige Zeit
schien es,
als wäre das alles ein undurchdringliches Wirrwarr,
all die Wunden
aus der Kindheit, die Muster,
das sich-verlieren im Anderen -
wie sollte man
das jemals alles heilen?
Zu verstehen, dass
es eine zentrale Sucht ist,
die all diesen Mechanismen zugrunde liegt, hat mir
sehr geholfen.
Aber, könnte jemand sagen, wir haben doch nun mal nicht immer
eine Anbindung zu Gott und fühlen uns völlig vollkommen!
Wie soll man denn da
horizontale Verbindungen je aufgeben?
Das verlangt doch einen Erleuchteten,
einen Über-Menschen!
Nein.
Der Weg führt
für mich gerade über die Unvollkommenheit.
Es geht in heilenden Beziehungen
nicht darum,
dass ich in jeder Sekunde die Anbindung "nach oben" habe
und ohne Bedürfnisse bin
(oder so zu tun als wäre das so).
Es geht für mich
zunächst darum, genau das auszuhalten.
Die Sucht aufzugeben, den Schmerz der
eigenen Unvollständigkeit
durch einen anderen Menschen
und eine horizontale
Energieverbindung zu lindern.
Die Sucht aufzugeben, rauszurennen und nach
jemandem zu suchen,
mit dem ich das Loch stopfen kann.
Einfach mit diesem Loch
zu sein, Mitgefühl damit zu haben.
Interessanterweise sind wir nämlich
selbstheilende Wesen.
Aber damit das geschehen kann, muss ich immerhin
aufhören,
das Spiel zu spielen, sonst setze ich es ewig fort.
Die Versuchung ist
groß, die Mechanismen sehr subtil.
Trotzdem ist es mit ein bisschen Ehrlichkeit
möglich.
Und je mehr Menschen diesen Weg gehen,
desto leichter wird es für alle
werden.
(c) David Rotter