Montag, 26. Dezember 2016

Liebesbrief eines imaginären Vaters


Geliebte Tochter, geliebter Sohn,
 du bist mir - nach mir selbst - das Wichtigste auf Erden,
 deshalb wünsche ich mir von dir, 
dass du so freundlich mit dir und deinem Körper umgehst, wie es dir gebührt. 
Und sei auch freundlich zu allen Menschen um dich herum,
 insoweit du dich dabei nicht unter Druck setzt, 
vernachlässigst oder unglücklich machst. 
Ich weiß, es ist nicht immer einfach, das Richtige zu tun.
 Deshalb tue alles, soweit möglich, von zu Hause aus,
 ja, lasse die wesentlichen Antworten auf die Fragen, die dir das Leben stellt, 
aus der Stille, deinem Herzen heraus kommen. 
Darauf ist Verlass. 
Tu das, was du tust, so gut wie du es heute kannst. 
Das reicht. 
Und wenn mal etwas scheinbar "falsch läuft", bestrafe dich und andere nicht, 
vielmehr verzeihe dir und den betroffenen Menschen sobald wie möglich.
 Du weißt:
 Ich liebe dich, gleichgültig, was du tust. 
Meine Liebe zu dir ist nicht abhängig davon, ob das, was du tust, 
richtig oder falsch ist, ob man dich dafür schätzt oder nicht. 
Ich liebe dich, weil du bist, was du bist. 
Wenn Dinge unklar sind und du sie nicht sofort klären kannst, mach dir keinen Druck.
 Hab Vertrauen.
 Ich bin da und halte dich, auch wenn du mich gerade nicht wahrnimmst, 
und bleib, soweit möglich, einfach mit deiner Aufmerksamkeit bei Dem, 
was ganz unmittelbar vor dir liegt und sich deiner Aufmerksamkeit erfreut. 
Gleichgültig, was geschieht: 
es geschieht aus der tiefen Intelligenz und bedingungslosen Liebe Dessen. 
Höre dir selbst und den Menschen nach Möglichkeit zu, 
auch Menschen, bei denen es erst einmal so aussieht, 
als hätten sie nichts zu sagen oder als seien sie verwirrt.
 Auch sie sind bedingungslose Liebe, die mit sich selbst spricht - genau wie wir. 
Vermeide dramatische Auftritte,
 unnötige Reibereien und Rechthaberei. 
Sie schaden deinem natürlich schönen Wesen. 
Und vergleiche dich nicht mit anderen. 
Du bist absolut einzigartig. 
Sieh, was für tiefe Erkenntnisse das Leben schon sehr früh für dich bereit hatte
 (viele sehnen sich ihr ganzes Leben danach!), 
wie viel Schönheit du schon erlebt und erfahren hast und welches Geschenk jeder Moment ist, v. a. wenn du ihn mit den für dich wertvollsten und schönsten Menschen der Welt verbringen darfst: 
dir selbst und deinen Lieben.
 Erfreue dich an dem, was du kannst, tust und schon getan hast,
 an deinen Wünschen und Plänen und bleibe an deiner eigenen Laufbahn interessiert, wie bescheiden sie dir auch erscheinen mag. 
Sie ist ein echtes Geschenk im Wandel der Zeit. 
Strebe danach, glücklich zu sein. 
Schau auf das, was dir gut tut und dein Wohlbefinden stärkt. 
Und wenn du unglücklich bist, dann sei ganz zärtlich mit dir 
und verwöhne dich nach Strich und Faden :)
 In geschäftlichen Angelegenheiten sei wachsam,
 man kann nicht jedem trauen. 
Lass dich von Menschen oder Situationen nicht ins Bockshorn jagen,
 ärgern oder herausfordern.
 Alles ist eine Einladung nach Hause. 
Und verzage nicht:
 Die meisten Menschen sind freundlich und gut. 
Ja, viele Menschen ringen in ihrem Leben um die Erkenntnis der Liebe –
 immer wieder - genau wie du und ich. 
Sei ganz natürlich du selbst und manipuliere Menschen nicht,
 um etwas zu erreichen, was nicht gerne und von selbst zu dir kommen möchte. 
Und halte nichts fest, was gehen möchte.
 Noch sei unzufrieden, was die Liebe betrifft; 
denn auch wenn es manchmal so aussehen mag, als sei sie gerade abwesend,
 ist sie in allem präsent. 
Sie ist es, die atmet und deinen Körper am Leben erhält. 
Sie war es, die dir in düsteren Stunden Freunde 
und tiefe Erkenntnisse sandte und dich hielt, als du es selbst nicht mehr konntest. 
Nimm nichts persönlich und wenn du dich krank, alt oder bedroht fühlst, 
sieh die Einladung darin, zu erkennen, dass alles Das ist, 
alles die Einladung ist, zu erkennen, was nicht kommt und nicht geht. 
Stärke jeden Moment deine Liebe zur Stille und zum Leben,
 damit du ihren Halt auch in plötzlich hereinbrechendem Unglück wahrnehmen kannst. 
Und lass dich nicht von deinen Ängsten oder unfreundlichen Gedanken leiten.
 Viele sind einfach nur eine Folge von Missverständnissen, Erschöpfung 
und Einsamkeit. 
Und: 
Danke für deine Offenheit, dafür, dass du immer wieder dageblieben, 
nicht vor Schwierigkeiten davongerannt bist, sondern bereit warst, 
von ihnen zu lernen und an ihnen zu wachsen,
 und für deine Bereitschaft, dich immer und immer wieder mit der Stille zu verbinden, ja, still zu sein, gleichgültig, was geschah!
 Darin warst und bist du mir und allen Menschen
 in deinem Umfeld ein großes Geschenk.
 In Liebe, dein Vater." 

(aus: “Wie geht Liebe wirklich?” von Gabriele Rudolph, mehr dazu unter http://www.einfachnursein.de/seite2…, inspiriert von den "Desiderata" von Max Ehrmann (1872 - 1945), der irrtümlicherweise im Internet häufig mit "Aus der alten St. Paul´s Kirche, Baltimore 1692" unterschrieben zu finden ist.) 



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