Dienstag, 29. September 2020

Abstand und Trennungen

Abstand und Trennungen fallen uns oft sehr schwer. 
Wir möchten die Grenze zwischen uns und dem Anderen überwinden,
 wir möchten Eins-Sein erleben.
Wir leiden an der Trennung aus einer ursprünglichen seelischen Einheit
 und suchen diese durch eine Einverleibung wieder zu überwinden.
Um dies zu erreichen, identifizieren wir uns mit einem Anderen. 
Darüber machen wir uns ihm gleich oder ihn uns gleich.
Wir versuchen gemeinsam mit dem Anderen einen Platz einzunehmen 
und nennen das gerne „Wir“, 
ein Wir um den Preis des Ich´s, 
ein Wir durch Angleichung.
  • In unserer Sehnsucht nach der seelischen Einheit verteufeln wir sogar, 
  • als ein im Wege stehendes Einheitshindernis, 
  •  das Ich.
Nur kann es ohne ein Ich auch nie 
ein tatsächliches Wir geben.
 Für ein Wir bedarf es mindestens zweier Ich´s. 
Und dieses Ich wehrt sich dann auch wieder vehement 
gegen die Vereinnahmung durch andere.
Schließlich hat das Ich uns in der Welt des materiell voneinander Getrennten 
das Leben oder Überleben ermöglicht.
 Es hat also eine Wichtigkeit und es will auch weiterhin wichtig bleiben.
Wäre unser Überleben niemals gefährdet gewesen, 
dann wäre das Ich auch nicht wichtig
 und ein Wir, ohne den Verlust eines Ich´s wäre uns gänzlich selbstverständlich.
Dann hätten wir von Anfang an die Begrüßung
 und Anerkennung unserer Einzigartigkeit erfahren. 
Wir hätten ohne Anpassung und jenseits von Erwartungen
 im freien Werden aufwachsen können. 
Es wäre nicht notwendig gewesen Vater oder Mutter ähnlich zu sein, 
sich mit ihnen zu identifizieren.
  • Als wir uns mit unseren Eltern identifizierten, 
  • damit diese uns annehmen konnten,
  •  trennten wir uns damit ein Stück weit von uns selbst 
  • und genau das machte das Ich dann erst so wichtig.
  • Nicht das Ich ist unser Problem,
  •  sondern dessen errungene Wichtigkeit, und unsere Gewohnheit der Identifikation mit anderen, um eine Trennung zu überwinden.
Hier schließt sich der Kreis.
Wir trennen uns durch Identifikation ein Stück weit von uns selbst,
 was dann das Ich als Überlebensgarant so wichtig macht, 
und versuchen dann wiederum einen Abstand zwischen uns 
und dem Anderen durch Identifikation mit ihm zu überwinden. 
Dies ruft jedoch auch dessen Ich auf den Plan
 und führt dann nicht selten wieder zur Trennung voneinander.
Identifikation bedeutet, 
den Abstand zu verlieren,
den Abstand, den Du brauchst, um Dich selbst zu erfahren, 
um Dir selbst nahe zu sein.
Dass Du diesen Abstand verloren hast, bemerkst Du daran,
 dass Dir Dinge wichtig werden, es wichtig ist, sie vom Anderen zu erhalten 
und Du nicht in dem Vertrauen leben kannst, 
immer auch alles zu erhalten, 
dessen Du bedarfst.






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