Sonntag, 17. Oktober 2021
Ein stolzer Baum ...
@ ~Susanna Buczko~
Ich war ein stolzer
Baum im Dschungel.
Es war mein Bestreben, mich über alle Bäume zu
erheben.
Aber eines Tages
kamen Männer des nahen Dorfes und schlugen mich ab.
Hilflos lag ich nun auf der Erde.
Die Männer hieben
und meisselten an mir herum.
Immer mehr meines starken, harten Holzes
holten sie aus mir heraus.
Ich erkannte, daß ich vollkommen verändert
wurde.
Ich fragte mich, was von mir noch übrig
bliebe.
Es tröstete mich
sehr, daß die Arbeiter liebevoll mit mir waren.
Sie sagten:"Du
wirst gebraucht.
Darum müssen wir so
hart mit dir umgehen."
Nach und nach hatte
ich alle meine Vorstellungen aufgegeben
von dem, was ich sein wollte.
Alle Vorstellungen
von Größe und Macht hatte ich losgelassen.
Als ich nur noch aus
einer dünnen Wand bestand,
und mich leer, elend
und schwach fühlte,
lächelten sich die Männer zufrieden zu,
nahmen mich auf die Schulter und trugen mich
ans Wasser.
Nie zuvor hatte ich so viel Wasser gesehen.
Sie legten mich
hinein.
Mich überkam große
Angst,
denn ich fühlte
nirgends den gewohnten Halt der Erde.
Aber auf einmal
spürte ich, wie ich getragen wurde.
Es war ein nie gekanntes Gefühl.
Es machte mich zutiefst ruhig und
unbeschreiblich froh.
Voller Vertrauen gab
ich mich dem neuen Element hin.
Und je mehr ich
einverstanden war mit meinem Schicksal,
umso mehr spürte ich
eine Leichtigkeit
und ganz im Einklang
mit den blinkenden Wellen wiegte ich auf und ab.
Ich erkannte, daß meine Leere mich trug.
Nun kamen die Dorfleute.
Sie stiegen ein.
Alle Schmerzen waren
vergessen, als ich sah,
daß ich tragfähig geworden war.
Durch meine Leere
habe ich die Fülle erfahren.
Die Erfüllung meines
Daseins,
Die Menschen stießen
vom Ufer ab,
und in tiefer
Dankbarkeit trug ich sie auf dem Wasser
des Lebens neuen
Ufern entgegen.
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